Hyperthermie

Hyperthermie: ein nicht alltägliches Thema und doch ist es in der Selbsthilfe präsent.

Immer wieder bekomme ich von Betroffenen die Frage gestellt, was ist Hyperthermie? Welche Bedeutung hat sie in der Behandlung von Bauchspeicheldrüsenkrebs? Ist sie anerkannt? Gibt es Studien? Wo wird sie durchgeführt und ist sie eine Kassenleistung?

Alles Fragen, die ich nur laienhaft erklären kann, weil es nach meinem Wissen keine klare und eindeutige Studienlage gibt. Ich weiß, dass z. B. die Universität Tübingen eine Studie durchgeführt hat, in der Hyperthermie in Verbindung mit Chemotherapie eingesetzt wurde, um neue Erkenntnisse zu gewinnen. Leider habe ich keine Kenntnis darüber, wie das Ergebnis der Studie war.

Die Meinungen der Betroffenen, die sich mit Hyperthermie behandeln ließen, sind oftmals zweigeteilt und total unterschiedlich. So sagen die einen, dass ihnen die Hyperthermie guttat, andere dagegen sagen, mir hat die Hyperthermie nichts gebracht.

Ja, auch die Kostenübernahme durch die Krankenkassen wird unterschiedlich dargelegt. Der eine sagt, sie wurde im Rahmen der Tumorbehandlung von der Kasse übernommen, andere berichten, dass sie einen eigenen Anteil von 150,- EUR pro Sitzung zuzahlen mussten. Wenn ich bei Schulmedizinern nachfrage, ob die Behandlung mit Hyperthermie Vorteile hätte, bekomme ich oftmals keine oder nur unzureichende Antworten, die mir nicht helfen, die Behandlung mit Hyperthermie Betroffenen verständlich zu machen.

Jetzt könnte man sich fragen: „Warum nimmt sich TEB e. V. dieser Frage an und versucht, fundierte Antworten zu geben?“

Die Antwort ist einfach! Da wir unseren Mitgliedern gegenüber verpflichtet sind und diese ein Recht auf Beantwortung ihrer Fragen haben, habe ich mich dem Thema Hyperthermie neutral und unabhängig angenommen.

Wir von TEB e. V. haben nur das eine Ziel, unseren Mitgliedern eine klare, verständliche und ehrliche Antwort auf die Frage „Hyperthermie ja oder nein?“ zu geben.

Da ich kein Arzt bin, kenne ich mich auch nur laienhaft aus. Bevor ich irgendwas Falsches wiedergebe, habe ich mich entschlossen, professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen. Aus diesem Grund bat ich Herrn Dr. Matthias Kraft, Chefarzt der BioMed-Klinik in Bad-Bergzabern, uns die Hyperthermie, was sie ist und wie man sie einsetzt, zu erklären.

Herr Dr. Kraft ist mir seit Jahren bekannt und immer wieder haben sich unsere Wege gekreuzt. Als Chefarzt des Vinzentius Krankenhauses in Landau hat er es vor mehreren Jahren ermöglicht, dass wir dort eine Regionalgruppe aufbauen konnten und uns seine Räumlichkeiten zur Verfügung gestellt. Diese besteht jetzt schon seit Jahren, kann jedoch aktuell leider wegen Corona nur virtuell durchgeführt werden.

Auch war er sehr stark bei der Ernährungsleitlinie mit eingebunden. Ein Mediziner, der, so glaube ich, die Schulmedizin wie auch die  Komplementärmedizin kennt.


Dr. Matthias Kraft
Chefarzt der BioMed-Klinik, Bad-Bergzabern

Ein Mediziner schreibt:

Hyperthermie Behandlung - nur eine Spinnerei oder doch mehr?


Hyperthermie ist, einfach ausgedrückt, eine Überwärmungstherapie. Sie nutzt die Prinzipien eines Infektes, bei dem es zu Fieber kommt, damit das Immunsystem auf Grund der höheren Temperaturen effektiver arbeiten kann.

Zur Behandlung gibt es viele Hyperthermiegeräte, die entweder für eine Ganzkörper-, Oberflächen- oder aber zur Tiefenhyperthermie eingesetzt werden. Auch eine Perfusionshyperthermie der Körperhöhlen ist mit speziellen Geräten möglich. Die Techniken sind hierbei
unterschiedlich.

Bei der Oberflächen- und Ganzkörperhyperthermie werden spezielle Geräte eingesetzt, die sich der wärmenden Wirkung der nicht schädlichen Infrarot-A-Strahlen bedienen. Die Entdeckung, beziehungsweise der Nachweis der Infrarot (IR)-Strahlung gelang dem deutschen Astronomen William Herschel erstmalig im Jahre 1800. Er zerlegte das Sonnenlicht mit einem Prisma in seine spektralen Teile und fand dabei jenseits des roten, das heißt langwelligsten Bereichs des sichtbaren Lichts, eine nicht sichtbare, aber wärmende Strahlung.

Die Fähigkeit zur Erwärmung von Stoffen dient auch heute noch zum Nachweis der Infrarotstrahlung. Die Wirkung beruht darauf, dass ihre Energie vom Körper aufgenommen wird und Moleküle im Körperinneren in Schwingung versetzt werden. Das Ergebnis kennen wir von der natürlichen Infrarotstrahlung der Sonne: es kommt zur Wärmebildung.

Die kurzwellige IR-A-Strahlung erreicht vorwiegend die Körperoberfläche. Durch Wärmeleitung erreicht die Temperaturerhöhung jedoch auch tiefer gelegene Körperregionen. Auf der positiven Wärmewirkung beruht die Verwendung von Infrarotstrahlung in der Medizin.

Bei der Ganzkörperhyperthermie (Fieberbehandlung) liegt das Augenmerk auf einer Stimulation des körpereigenen Immunsystems. Ein aktives und intaktes Immunsystem ist wichtig für die Tumorabwehr, aber auch bei anderen Entzündungen des Körpers nicht weg zu denken. Bei der Fieberbehandlung wird der Körper ganz langsam auf ca. 38,5 bis 40° C erwärmt, die Temperatur dann gehalten und der Körper im Anschluss dann wieder auf normale Temperatur gebracht. Gleichzeitig erfolgt eine Infusionstherapie, um verloren gegangene Flüssigkeit wieder zuzufügen. Die gesamte Behandlung dauert ca. 6 Stunden.

Bei der Oberflächenhyperthermie liegt der Fokus auf der Tumor-Behandlung von z. B. Hautmetastasen. Die spezielle Behandlung der Oberfläche mit der Infrarot-Strahlung kann aber auch zur Behandlung vieler weiterer Erkrankungen eingesetzt werden. Sie steigert die Durchblutung, erhöht den Sauerstoffgehalt im Gewebe und  senkt die Muskelspannung. In vielen Fällen wirkt die Oberflächenbehandlung auch schmerzlindernd.

Die lokale Tiefenhyperthermie hingegen basiert nicht auf der oben bereits genannten Wärmestrahlung, sondern auf der Technik modulierter Radiokurzwellen mit einer Frequenz von 13,56 MHz. Dank elektromagnetischer Wechselstromfelder wird so Wärme in tieferen Regionen des Körpers erzeugt, welche von einem Tumor oder von Metastasen befallen sind und behandelt werden sollen. Schon in der Schule haben wir gelernt, dass sich der Strom den Weg des geringsten Widerstandes sucht. Hierbei kommt es zu einer lokalen Erwärmung des Zielgewebes im Körperinneren auf ca. 40 bis 43°C. Die Wirkung auf Tumorzellen ist vielschichtig. Im Rahmen einer Therapie mittels Hyperthermie werden Tumorzellen direkt zerstört (Apoptose). Hierbei ist es wichtig zu wissen, dass sich Tumorzellen hinsichtlich ihres Stoffwechsels von gesunden Zellen unterscheiden. Sie sind für Hitze deutlich empfindlicher als gesunde Körperzellen. Somit kann bei der Behandlung gesundes Gewebe geschont werden. Die Therapie funktioniert unab- hängig von der Art der Krebszelle.

Alle Krebszellen haben darüber hinaus eine Eigenart: Sie produ- zieren auf Grund ihres speziellen Stoffwechsels Milchsäure, welche das Zellinnere und die Umgebung übersäuert und somit die Leitfähigkeit der Zellwand für elektrischen Strom massiv erhöht. Die Tumorzellen werden selektiv überhitzt und deren Ionenkanäle zerstört - dies führt zum Zelltod. Auch können sich Tumorzellen auf Grund der Hitzebildung nicht mehr verstecken. Ihre Tarnung wird aufgehoben, das Immunsystem kann somit die Tumorzellen wiedererkennen.

Hitzeschockproteine (Hsp), die vor Ort produziert werden, weisen Killer- und Fresszellen den Weg zu den Tumorzellen. Des Weiteren weist Tumorgewebe eine andere Durch- blutung auf, welche es den Chemotherapeutika erschwert, an den Ort der Not zu kommen. Durch die lokale Überwärmung im Rahmen der Tiefenhyperthermie wird es den Therapeutika erleichtert, im Tumorgewebe ihre Wirkung zu entfalten.

Die Hyperthermie sollte als eine ideale Ergänzung zu den chemotherapeutischen und strahlentherapeutischen Verfahren verstanden werden und nicht, wie häufig, als „alternative Behandlungsmöglichkeit“ missachtet werden. Sie sollte nach Möglichkeit immer zusätzlich und möglichst gleichzeitig oder kurz nach einer Chemo- oder strahlentherapeutischen Behandlung erfolgen, da sich verständlicherweise die Effekte dadurch am optimalsten ergänzen.

Es ist von Vorteil, dass die Hyperthermie in der Lage ist, die häufig auftretenden Nebenwirkungen der Chemo- oder Strahlentherapie zu reduzieren. Auch kann sie eingesetzt werden, wenn die Chemotherapie zu sehr starken Nebenwirkungen führt. Auch bei einer niedrig-dosierten Chemotherapie kann in Verbindung mit der Hyperthermie der gewünschte Effekt gewährleistet werden.
Sie steigert zudem das Wohlbefinden und die Lebensqualität der Betroffenen deutlich, die sich z. B. postoperativ in der Rekonvaleszenz und als Behandlungsoption in der Rezidivprophylaxe befinden.

Es gibt wenige Kliniken in Deutschland, bei denen die Hyperthermie-Behandlung Kassenleistung ist. Meist muss diese selbst bezahlt werden, da die Methode trotz ihrer seit Jahren nachweisbaren Erfolge noch nicht generell als Kassen- leistung anerkannt ist. In Bad Bergzabern, einer der größten Hyperthermie Zentren Europas, ist dies glücklicherweise jedoch der Fall.

Dr. Matthias Kraft / Katharina Stang