Bericht über die letzten 4 Monate der Gruppentreffen RG Leipziger Land

Die Gruppe traf sich am 14. Januar, 11. März und 06. Mai 2019 zu ihren gemeinsamen Treffen. Jedes Gruppentreffen, das abgehalten wurde, war auf seine eigene besondere Art interessant und von einer Vielzahl von Erfahrungen und Begegnungen geprägt.

Wie im Vorfeld besprochen begleitet Herr Professor Bartels, wann immer es seine Zeit erlaubt, die Gruppe und beantwortet uns unsere medizinischen Fragen. Das ist schon etwas, worauf wir stolz sein können, denn das ist alles andere als selbstverständlich. Von ganzem Herzen sagen wir danke.

Unser Dank geht auch an Frau Kirmse, sie ist die Sekretärin von Herrn Prof. Bartels. Sie versucht, uns jeden Wunsch zu erfüllen, sorgt für Getränke, frische Brezeln und Kaffee, so dass es uns an nichts mangelt. Voller Dankbarkeit nehmen wir diesen Luxus an, denn das war nicht immer so.

Obwohl es für mich ein sehr weiter Weg ist und so manche Strapaze auf mich wartet, komme ich gerne nach Leipzig und halte dort die Gruppentreffen ab. Ich schätze sehr, dass die Gruppe mich ohne Wenn und Aber angenommen hat, mir vertraut und die nötige Anerkennung und Wertschätzung entgegenbringt.

Nachdem wir alles Wichtige, was die Gruppe betraf, erledigt hatten, kamen wir zur eigentlichen Gruppenarbeit.

Um zu erfahren, welche Fragen, Sorgen, Nöte oder Probleme die Teilnehmer haben, erkundigte ich mich zuerst: „Wie geht es Euch? Wer hat etwas auf dem Herzen?“ Sofort kamen Fragen über Fragen und ich war gefordert.

Wie auch in den anderen Gruppen kamen Fragen zur akuten und chronischen Bauchspeicheldrüsenentzündung wie auch zu Bauchspeicheldrüsenkrebs. Dabei ging es um die verschiedensten Tumorarten, Operationen, Gewicht, Verdauung, Ernährung, Enzyme, Chemotherapien, Studien, Schmerzen, Medikamente und Diabetes 3c.

Ich versuchte, alle Fragen zu sortieren und nacheinander zu beantworten, was mir auch gelang.

Die Gruppe merkte sehr schnell, dass meine 20-jährige Erfahrung sowohl mit der Erkrankung als auch mit der Gruppenleitung und Führung eine besondere ist.

„Woher hast Du das ganze Fachwissen?“, wollte eine Teilnehmerin wissen. Spontan und ohne zu zögern sagte ich: „Durch meine eigene Erkrankung, die Gruppenarbeit, von den Betroffenen und ihren Angehörigen und den vielen Gesprächen mit Ärzten.“ Das ist tatsächlich auch so, denn vor 20 Jahren wusste ich nicht, dass diese kleine Drüse so eine große Wirkung in unserem Körper hat.

Ich spürte, an diesem Nachmittag habe ich die Herzen der Betroffenen und ihrer Angehörigen erobert. Sie vertrauten mir ihre eigenen Lebensgeschichten an und ließen mich an ihrem Schicksal teilnehmen.

Kann man mehr Vertrauen von Menschen erwarten, die einen kaum kannten? Ich bin mir sicher, Kompetenz, Erfahrung, Wissen und Empathie überzeugen und öffnen Herzen.

Nachdem wir alle Fragen abgearbeitet hatten und jeder seine Sorgen ansprechen konnte, kamen wir langsam zum Ende. Doch wie immer machte ich ein kleines Feedback, um zu sehen, ob ich jeden erreicht habe und ich alle getrost nach Hause schicken konnte.

Jeder der Anwesenden sollte seine Meinung und Empfindung, die er im Moment spürt, mitteilen und gleichzeitig sollte er uns sagen, wie er heute in der Gruppe ankam und wie er nach Hause geht.

Alle äußerten sich sehr positiv und meinten, dass sie jetzt ruhiger und zufriedener den Heimweg antreten. Eine Betroffene und ihre Begleitung sagten: „Wir haben heute die Gewissheit bekommen, dass wir nicht alleine sind, und wir, wann immer wir Hilfe benötigen, diese bei Dir, Katharina, bekommen.“

Mit dieser positiven Stimmung schloss ich die Gruppe und wünschte jedem einen guten Nachhauseweg.

Über das Treffen am 11. März kann ich leider nicht viel schreiben, - ich war nicht da. An diesem Tag stürmte es sehr, und es fuhr am frühen Morgen kein Zug nach Leipzig. Leider hätte auch ohne den Sturm nicht kommen können, denn meine Bauchspeicheldrüse zwang mich, im Bett zu bleiben.

Doch die Gruppe wurde von zwei beherzten Gruppenmitgliedern an diesem Tag geleitet und geführt. Von ganzem Herzen bedanke ich mich dafür bei Frau Sch. und Frau S.!

Das Treffen am 06. Mai war etwas anders als sonst, - wir hatten Besuch von Frau I. K., Selbsthilfekontakt- und Informationsstelle Leipzig und Herrn P. R., Pflegewissenschaftler. Beide stellten sich der Gruppe vor und nannten ihre Gründe, warum sie heute hier sind.

Bevor wir mit der Gruppenarbeit richtig anfangen konnten, gab ich den Teilnehmern die Gelegenheit, ihre medizinischen Fragen an Herrn Professor Bartels zu stellen, denn er war leider nur kurze Zeit da und musste wieder zurück an seinen Arbeitsplatz.

Ruhig, ohne jeglichen Zeitdruck beantwortete er die Fragen zu Kortison, Hyperthermie und viele andere. Nachdem er alle Teilnehmer zufriedenstellen konnte, verabschiedete er sich wieder.

Jetzt lag es an mir, dass die Gruppe ihren normalen Gang nahm. Es kamen Bereiche wie Gruppenleitung, Ehrenamt, Pflege in den Kliniken, Berentung, finanzielle Nöte u.v.m. zur Sprache.

Manche Themen riefen bei den Betroffenen Emotionen hervor, die man im Vorfeld nicht erahnen konnte, und doch war es wichtig, dass so mancher seelische Stress zum Vorschein kam. Betroffenen tut es manchmal gut, wenn sie weinen, schreien können. Oftmals befreit es und macht Platz für positive Gedanken und Gefühle.

Nach diesen Gefühlsausbrüchen mussten wir alle feststellen, dass Betroffene oftmals Dinge erleben, die ihnen das Leben schwer machen und sie sehr verletzen, und meistens sitzen sie sehr tief.

Ein unbedachtes Wort, die verlorene Wertschätzung, Anerkennung und Achtung können einem kranken Menschen den Boden unter den Füßen wegziehen und ihn traurig und verletzlich machen.

Mit der Diagnose, verändert sich oftmals das komplette Leben, und das nicht nur bei den Betroffenen, sondern in der ganzen Familie.

Nachdem es mir gelang, beruhigend einzuwirken und die Tränen wieder getrocknet waren, schloss ich die Gruppe, und wir verabschiedeten uns sehr liebevoll voneinander.

Herr R. u und ich fuhren gemeinsam zum Bahnhof zurück. Dabei sprachen wir noch lange über das Treffen, und er stellte mir die Frage: „Wie hast Du die Gruppe heute empfunden? Ich hatte das Gefühl, irgendetwas war heute anders, als ich es, aus den anderen Gruppen von Dir kenne.“

„Ja“, sagte ich, „es nervt mich tierisch, wenn immer wieder der Vorschlag von verschiedenen Organisationen, die alle Hauptamtlich arbeiten, kommt, dass wir ehrenamtliche Gruppenleiter aus der Nähe finden sollen. Doch woher wir sie nehmen sollen, sagt uns leider keiner!“

Seit Jahren versuche ich, auf die unterschiedlichste Weise Nachwuchs zu finden oder heranzuziehen, leider mit wenig Erfolg.

Warum ist das so? Bauchspeicheldrüsenerkrankungen, insbesondere Bauchspeicheldrüsenkrebs, gehören zu den schlimmsten Krebsarten. Betroffene und ihre Angehörigen werden oftmals bereits schon bei der Diagnose völlig aus der Bahn geworfen. Behandlungen, Therapien und deren Folgen sind leider kein Spaziergang und erfordern viel Kraft und Anstrengung, damit der Alltag weiter bewältigt werden kann.

Betroffene sind mit sich und ihrer Krankheit völlig über- ausgelastet, sie haben ganz sicher keine Zeit, Kraft, Ausdauer und Interesse, eine ehrenamtliche Tätigkeit als Gruppenleitung auszuführen. Außerdem kommt erschwerend hinzu, dass sie durch diese Tätigkeit mit vielem, was in einem direkten Zusammenhang mit der Erkrankung besteht, konfrontiert würden. Das wäre für sie persönlich sehr kontraproduktiv.

Das gleiche gilt für Angehörige. Sie sind in alles eingebunden und müssen zu ihrem Alltag noch vielfältige Aufgaben wie z. B. Pflege, Begleitung zu Arztgesprächen, Fahrdienste zur Chemo zusätzlich übernehmen. Oftmals bekommen sie das ganze Spektrum der Erkrankung und ihre Folgen hautnah und ungefiltert mit. Auch Angehörige wollen in der Regel keine zusätzliche Konfrontation während der Krankheit und auch nicht dann, wenn sie den Betreuenden verloren haben.

Ein weiterer Schwerpunkt ist, dass TEB e.V. in seinen Richtlinien für Gruppenleitung festgelegt hat, dass es Betroffene, Angehörige oder Interessierte sein sollen, die zumindest die Aufgaben und Funktionen der Bauchspeicheldrüse kennen sowie den Unterschied zwischen der Entzündung der Bauchspeicheldrüse und Bauchspeicheldrüsenkrebs. Bei der Festlegung unserer Richtlinien hat sich der Vorstand sehr genau überlegt, welche Voraussetzung unsere Gruppenleiter mitbringen müssen. Jedes falsche Wort, falsche Interpretation, kann verheerende Folgen für den Betroffen haben.

Uns ist es wichtig, dass eigene Erfahrungen, fundiertes Wissen weitergegeben werden kann. Wir wissen auch, dass die Suche nach Gruppenleiter dadurch nicht leichter wird.

Ich reiße mich nicht darum, die Gruppe in Leipzig zu führen, ich halte nur mein Versprechen, das ich den Betroffenen, ihren Angehörigen und Herrn Professor Bartels gab, dass ich ihnen eine feste und regelmäßige Anlaufstelle biete.

Die Teilnehmerzahlen und positiven Rückmeldungen zeigen, dass diese Gruppe sehr geschätzt und angenommen wird.

Vielleicht sollte man auch einmal darüber nachdenken, dass das Ehrenamt in der heutigen Form nicht mehr zeitgemäß ist, und man hier eine gewisse Entlohnung (sie muss nicht unbedingt finanzieller Art sein) in Erwägung zieht.

Es gibt durchaus Ehrenämter, die gerne angenommen werden und bei denen es keinen Mangel gibt. Doch in der Selbsthilfe ist das Ehrenamt, zumindest bei uns, sehr rückläufig.

Ehrenamt ist nicht gleich Ehrenamt!

 

Katharina Stang