Das Forschungsprojekt zu Bauchspeicheldrüsenkrebs: Worum geht es?
Interview mit Patrick Ristau
Katharina Stang: Herr Ristau, möchten Sie unseren Leserinnen und Lesern erzählen, worum es beim Forschungsprojekt Bauchspeichel- drüsenkrebs geht?
Patrick Ristau: Gern! Im Rahmen meiner Doktorarbeit an der Universität Witten/Herdecke beschäftige ich mich damit, wie Menschen mit Bauchspeicheldrüsenkrebs mit ihrer Erkrankung umgehen. Ich möchte wissen, vor welche Herausforderungen sie durch ihre Krankheit gestellt werden – und wie sie diese bewältigen.
Katharina Stang: Das ist ein wichtiges Thema. Wie sind Sie darauf gekommen, sich damit näher zu beschäftigen?
Patrick Ristau: Während meiner Masterarbeit habe ich mich vor allem mit dem Diagnoseerleben auseinandergesetzt. Ich habe Pflege- und Gesundheitswissenschaften in Darmstadt – meiner Heimatstadt – studiert. Zu der Zeit habe ich auch Katharina Stang kennengelernt, die in mir das Interesse für das Thema weckte. Ich erinnere mich noch gut, wie sie an einer Weihnachtsfeier – es muss 2016 gewesen sein – sagte, dass sich um die Betroffenen in ihren Gruppen häufig niemand so recht kümmern mag. Ich war daraufhin ein paar Mal in einer der Gruppen zu Gast. In meinem Studium hatten wir uns mit der Arbeit von Selbsthilfegruppen beschäftigt und ich merkte schnell, dass die Menschen, die in die TEB-Gruppen kommen, diese zu etwas Besonderem machen.
Lange Rede, kurzer Sinn: Ich beschloss, mich im Rahmen meiner Masterarbeit mit dem Thema auseinanderzusetzen. Hier hat mich TEB super unterstützt und ich konnte mit dem ein oder anderen Mitglied ein Interview führen. Doch als meine Masterarbeit fertig war – ich habe damals übrigens den Hochschulpreis für meine Arbeit verliehen bekommen - , blieben noch viele Fragen offen, für die die Zeit (noch) nicht gereicht hatte oder die sich neu er- geben hatte. Daher war es für mich nur logisch, mich weiterhin mit dem Thema zu beschäftigen – nun eben in Witten/Herdecke und im Rahmen einer Doktorarbeit.
Katharina Stang: Viele unserer Leserinnen und Leser haben schon von klinischen Studien gehört. Manche nehmen sogar selbst an einer teil. Was unterscheidet Ihre Untersuchung von einer klinischen Studie und wie genau gehen Sie vor?
Patrick Ristau: Das ist eine spannende Frage. Vielleicht vorab: In klinischen Studien werden häufig Therapien oder Medikamente erprobt. Ich interessiere mich für das Erleben der Menschen. Daher führe ich auch keine körperlichen Untersuchungen durch, vermesse nichts und mache keine Bilder. Ich führe stattdessen Interviews: von Angesicht zu Angesicht – deutschlandweit an einem Ort ihrer Wahl - am Telefon oder per Videokonferenz. Mir geht es darum, die Geschichten der Betroffenen zu erfahren. Und dafür muss ich ihnen zuhören.
Doch eins nach dem anderen.
Zunächst melden sich mögliche Interessierte bei mir. Daraufhin erkläre ich ihnen das Projekt, wie das Interview abläuft und alles andere, was dazugehört. Danach verschicke ich diese Informationen nochmal per Post, sodass sich die Interessierten in Ruhe überlegen können, ob sie teilnehmen möchten. Falls ja, schicken sie mir eine Einwilligungserklärung zurück. Danach suchen wir einen Termin, der meinen Gesprächs- partnern am besten passt. Ach ja - und wir entscheiden uns für die Interviewform. Da spielt Corona natürlich auch eine Rolle, daher gibt es auch verschiedene Arten zur Auswahl, also vor Ort, per Video, etc. Ja und am Interviewtermin selbst höre ich mir die Geschichten der Menschen an – ich habe meist gar nicht so viele Fragen. Mich interessiert wirklich am meisten, was sie wie erlebt haben und was das mit ihnen gemacht hat.
Katharina Stang: Was machen Sie mit diesen Erkenntnissen?
Patrick Ristau: Naja, zunächst zeichne ich das Interview auf einem Diktiergerät auf. Danach wird es abgetippt und anonymisiert, sodass beispielsweise Namen und Orte ersetzt bzw. entfernt werden. Vertraulichkeit hat oberste Priorität. Und dann beginnt die Detailarbeit. Ich gehe die abgetippten Interviews Wort für Wort und Zeile für Zeile durch und suche dabei nach Mustern oder Auffälligkeiten. Wenn es beispielsweise zwischen Interview 1 und Interview 3 Parallelen gibt, in Interview 2 aber nicht, beginne ich nach den Ursachen und Zusammenhängen zu forschen.
Katharina Stang: Das klingt aber sehr aufwändig?
Patrick Ristau: Es ist aufwändig, macht aber auch eine Menge Spaß. Ich lasse die Interviews im Kopf noch einmal Revue passieren, wenn ich die Texte lese, und bin dann wieder zurückversetzt in die jeweilige Situation. So habe ich das Gefühl, den Menschen direkt eine Stimme zu geben. Und es ist toll, wenn man Neues entdeckt und sich alles zu einem immer größeren Gesamtbild zusammensetzt.
Katharina Stang: Und konnten Sie schon Interviews führen?
Patrick Ristau: Ja, ich hatte im Winter 2020 und Frühjahr 2021 das große Glück, mich mit ersten Interviewpartnerinnen und -partnern austauschen zu können. Die Interviews sind mittlerweile ausgewertet und ich konnte bereits einige sehr spannende Erkenntnisse gewinnen.
Katharina Stang: Doch verraten Sie uns bitte: Wozu das Ganze?
Patrick Ristau: Ich denke, wir müssen die Menschen, die von einer Krankheit wie Bauchspeicheldrüsenkrebs betroffen sind, direkt nach ihrem Erleben fragen. Wir müssen mit ihnen und nicht über sie sprechen, wenn wir ihre Versorgung zukünftig verbessern möchten. Und wer könnte uns besser von den Sorgen, Ängsten und Nöten erzählen, die man als Mensch mit Bauchspeicheldrüsenkrebs durchlebt, als die Betroffenen selbst? Ich hoffe sehr, dass meine Forschungergebnisse in der Zukunft einmal zu einer besseren Versorgung der Menschen führen können – dass sie besser unterstützt und auch dort abgeholt werden, wo sie stehen.
Katharina Stang: Das hört sich gut an. Nehmen Sie denn auch die Angehörigen in den Blick?
Patrick Ristau: Ja, auf jeden Fall! Die Rolle der Angehörigen zu beleuchten ist mir ein großes Anliegen. Die Krebserkrankung betrifft ja häufig auch das soziale Umfeld mit. Und Angehörige sind oft nicht nur mitbetroffen, sondern sie spielen häufig auch eine Rolle in Bezug auf den Umgang mit Belastungen und Herausforderungen. Das möchte ich gern miterforschen. Daher werde ich voraussichtlich im nächsten TEB-Magazin auch noch einmal gezielt Angehörige bitten, am Forschungsprojekt Bauchspeicheldrüsenkrebs mitzuwirken.
Katharina Stang: Das klingt nach einem großen Vorhaben – wir wünschen Ihnen viel Erfolg dabei. Wie werden wir von den Ergebnissen erfahren?
Patrick Ristau: Ich halte TEB natürlich auf dem Laufenden. Wie in den letzten Jahren werde ich auch dieses Jahr Aktuelles aus dem Forschungsprojekt Bauchspeicheldrüsenkrebs auf dem Weltpankreaskrebstag präsentieren. Darüber hinaus gibt es auf der Projektwebseite www.forschungsprojekt-bauchspeicheldruesenkrebs.de allerlei Hintergrund-, aber auch aktuelle Informationen rund um das Projekt.
Katharina Stang: Vielen Dank für das Interview. Eine Frage noch zum Schluss: Wenn unsere Leserinnen und Leser Interesse haben, an Ihrem Forschungsprojekt mitzuwirken – wie kann man Sie erreichen?
Patrick Ristau: Am besten per Telefon oder E-Mail. Meine Kontaktdaten finden Sie unten auf dieser Seite und auf der Seite mit dem Teilnahmeaufruf hier im TEB-Magazin.
Patrick Ristau, M.A.
Stralsunder Str. 13, 23558 Lübeck
Telefon: 0451 58368638
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www.forschungsprojekt-bauchspeicheldruesenkrebs.de