Bericht über die Gruppentreffen Mittlerer Neckarraum vom 14.07., 11.08., 08.09., 06.10., 03.11., 01.12.2015
Seit meinem letzten Bericht im Juni 2015 hat sich viel Neues, Wichtiges, aber auch Trauriges in der Gruppe ereignet, über das ich heute schreibe. Jedes Gruppentreffen ist etwas Besonderes und erfordert von der Gruppenleiterin Gefühl, Menschenkenntnis, Fachwissen und die Fähigkeit, die Gruppe zu führen. Bei jedem Treffen kommen neue Fragen, Probleme, Sorgen oder aber auch schwierige Situationen auf mich zu, die ich individuell lösen muss.
Viele Betroffene, Angehörige fanden in den vergangenen sechs Monaten den Weg zu uns. Dabei konfrontierten sie mich und die Gruppe mit ihren persönlichen Fragen, Problemen, Erfahrungen und Anliegen. Sie suchten nach Informationen, Hilfe, Unterstützung, Menschlichkeit, Zuverlässigkeit und Antworten auf ihre eigene Erkrankung. Ebenfalls suchten sie nach einem kompetenten Ansprechpartner und nach einer sicheren und zuverlässigen Anlaufstelle. Betroffene oder Angehörige brauchen sofort Unterstützung und Hilfe, wenn sie sich in Not fühlen. Oftmals suchen sie jemanden, der Zeit hat und zuhört.
Betroffene brauchen oftmals Zuwendung, Geborgenheit und das Gefühl, mit ihrer Erkrankung nicht allein zu sein. Genau das vermittelt die Gruppe. Wir sitzen alle im gleichen Boot und was können wir machen, damit es uns besser oder lange gut geht?
Viele Fragen zu den verschiedensten Formen einer Bauchspeicheldrüsenentzündung, insbesondere Bauchspeicheldrüsenkrebs mit seinen vielen Themen wie z.B. Operationen, Chemotherapien, Schmerztherapien, Ernährung, Enzyme, Verdauungs- Gewichtsprobleme kann ich durch meine langjährige Erfahrung und durch Besuche von Kongressen und medizinischer Vorträgen selber beantworten. Trotzdem laden wir immer wieder Experten zu den verschiedensten Themen, z. B. Rabattverträge, Patientenverfügung, Vollmachten und Schwerbehinderung ein, um auch hier ein kompetenter Partner zu sein.
Mir als Gruppenleiterin ist es sehr wichtig, dass neben den klassischen medizinischen Themen auch andere Themenbereiche angesprochen werden wie z.B. Komplementärmedizin, Psychologie, Schwerbehinderung, Verrentung Patientenverfügung, Generalvollmacht, Palliativstationen und Hospiz.
Da in den Gruppen überwiegend Betroffene sind, die an einer schweren, oftmals auch unheilbaren Erkrankung erkrankt sind, braucht man ein besonders Fingerspitzengefühl, um ihnen zum einen den Mut nicht zu nehmen, aber trotzdem ehrlich zu bleiben und sie zu motivieren, nicht aufzugeben. Der Spagat, zwischen Motivation und ihren Grenzen zu machen, erfordert Kraft und geht oftmals auch über die Kräfte. Getreu meinem Motto "Die Hoffnung stirbt zum Schluss" versuche ich immer die Gruppe neutral, ehrlich und unabhängig zu leiten.
Selbstverständlich kommen auch Themen, wie die Debatte um die aktive Sterbehilfe, Fallpauschalen, Rechte der Krankenkassen, Hilfen und Unterstützungsmaßnahmen u.v.m. zur Sprache.
Ein Gruppennachmittag kann lustig, traurig oder gar mit einer Notfallsituation beginnen oder enden. Nie ist vorhersehbar, wie das Treffen verläuft. Die Gruppenleitung muss immer hochkonzentriert sein. Ein falsches Wort, Gestik, Beratung kann für alle Anwesenden ein nie wieder gut zu machender Fehler sein. Schwerstkranke Menschen hören sehr genau zu. Sie sind leichter zu verletzen und oftmals sehr empfindlich.
Leider gehört es auch zu meiner Aufgabe, darüber zu berichten, warum ein Stuhl für immer leer bleibt. Die richtigen Worte zu finden, ist immer eine besondere Herausforderung für mich.
Bauchspeicheldrüsenkrebs macht Angst, hoffnungslos und mutlos. Die Konfrontation mit der Endlichkeit wird vielleicht zum ersten Mal deutlich. Meine Aufgabe und die der Gruppe ist es, aufzuzeigen, dass es Chancen gibt, die Lebenszeit bei guter Lebensqualität deutlich zu verlängern.
Rückblickend kann ich sagen, auch wenn das Jahr eins meiner schwersten war, habe ich es verstanden, die Gruppe zu motivieren, niemals aufzugeben. Bei meinen vielen Krankenbesuchen schaffte ich es, loszulassen, auch wenn es mir sehr, sehr schwer fiel. Dass es mir gelungen ist, zeigen die vielen Danksagungen und vor allem die Treue der Gruppe. Betroffene, Angehörige kamen regelmäßig in die Gruppentreffen und schenkten mir ihr grenzenloses Vertrauen.
Danke an alle, die mich 2015 begleiteten, die durch ihre Teilnahme die Treffen bereicherten und der Selbsthilfe einen wichtigen Stellenwert gaben.
Katharina Stang