Workshop "Der Hände Werk".Gefühle sind mehr als nur Worte und Schrift
Workshop. „ Der Hände Werk“
Montag 10.10.2011 in der Landesgeschäftsstelle
Referentin: Tanja Link
Wieder einmal haben wir einen Workshop durchgeführt, der es in sich hatte. Keiner konnte sich so recht vorstellen, was der Titel des Workshops in der Praxis zu bedeuten hat. Was hat das mit der Selbsthilfeorganisation zu tun? Basteln wir? Oder bekommen wir unsere Hände liebevoll massiert?
Bereits vor dem Eintreffen von Frau Link scherzten wir untereinander und jeder der Teilnehmer hatte eine andere Vorstellung. Voller Erwartung warteten wir auf die Referentin.
Frau Link traf pünktlich ein, sie war bepackt wie ein Esel. Wir schauten neugierig, was sie denn wohl alles in den Taschen dabei hat.
Ganz ruhig ließ uns Frau Link ankommen und begrüßte uns auf das herzlichste. In ihrer Stimme, ihrer Gestik und Ausdruck lag eine besondere Ruhe und Ausgeglichenheit. Dann lüftete sie ihr Geheimnis der Taschen und unsere Gesichter wurden immer länger, denn wir waren für den Moment enttäuscht. Nichts mit Maniküre, Massage oder ähnlichem, sondern Zeichenblöcke, verschiedene Farbstifte, Bilder uvm.
Frau Link spürte unsere Reaktion und fragte: "... was haben Sie im Moment für ein Gefühl und was bewegt Sie?" Wir schilderten, was wir uns von der Veranstaltung ausgemalt haben und wie der Workshop heute ablaufen oder gestaltet werden sollte. Sie hörte aufmerksam zu. Ab und zu kam von ihr ein Ah! Am Schluss unserer Ausführungen sagte sie: „Ja, da sind wir doch schon mitten im Thema." Wir schauten uns an und waren verdutzt.
Frau Link nahm ein großes Zeichenblatt und fragte: "Was sind Gefühle?" Jeder von uns kennt Gefühle und so zählten wir auf: Liebe, Wertschätzung, Sympathie, Freude, Glück, Beklommenheit Nervosität, Ausgeglichenheit, Angst, Trauer, Eifersucht, Neid, Ohmmacht, Wut, Scham, Würde uvm. Jedes Gefühl wurde aufgenommen und von ihr erklärt. Dabei stellten wir fest, dass nicht alles, was wir empfinden, zu den Gefühlen zählt.
Der zweite Schritt folgte. Wir sollten einem positiven ein negatives Gefühl gegenüber stellen, z.B. Sympathie, Ablehnung. Wir waren erstaunt, was bei den Gesprächen und Empfindungen auf den Tisch kam. Jeder sah es aus seiner Sicht. Und die Sichtweise war jeweils verschieden.
Dann kam der „Hände Werk“. Wir hatten die Aufgabe, ein negatives und positives Gefühl in verschieden Farben zu malen. Erstaunt sahen wir uns an und unsere Reaktion war eher ein Nein hierzu. Denn malen können und wollen wir nicht. "Ach ja, das dachte ich mir schon", bemerkte Frau Link, "aber lassen Sie es uns einfach versuchen. Sie werden sehen, es geht." Nicht gerade begeistert sagte ich als Leiterin: „Ja, was für ein Gefühl soll das denn sein?" "Suchen Sie sich eins aus." Ich schaute mein Gegenüber an und wir sagten beide spontan: "Wir versuchen es."
Dann suchten wir uns Farben aus und jeder malte sein Gefühl. Ruhig und ohne Unterbrechung konnten wir unseren Gedanken freien Lauf lassen. Keiner guckte dem anderen in die Karten, es herrschte eine ausgeglichene Stimmung. Nach einer gewissen Zeit durften wir unsere Bilder zeigen und erklären, um welches Gefühl es sich dabei handelt. Wir alle waren erstaunt, was wir aufs Papier gebracht haben. Es waren wirkliche Bilder. Frau Link fragte nach und erklärte uns, was diese Bilder ausdrücken. Dabei fragte sie immer wieder nach, ob das für uns stimmig wäre.
Alle waren überrascht, was wir in den Bildern ausdrückten. Sie waren sehr verständlich. Dadurch bekamen wir einen ganz anderen Bezug zu dem Malen unserer Gefühle. Wir konnten gar nicht genug über unsere eigenen Gefühle erfahren wollen. Sehr erstaunt war ich über die Tatsache, dass eine Dame aus der Runde vieles mit mir gemeinsam hatte. Der Vorname, das Geburtsjahr und Monat, und vieles mehr. Wir hatten intuitiv die gleichen positiven und negativen Gefühle zum Ausdruck gebracht und auch noch die gleichen Farben hierzu verwendet.
Frau Link fragte bei uns Beiden nach, wie wir zueinander stehen und ob wir Sympathie füreinander empfinden. Das bejahten wir. Erstaunlich, denn obwohl wir uns doch sehr lange kennen, sehen wir uns selten und haben weiters keine Verbindung zueinander. Und dennoch verbindet uns einiges. Das war uns bisher nicht bewusst. Wir spürten in diesem Moment zum ersten Mal eine Wertschätzung gegenüber dem anderen. Über diesen Tatbestand haben wir uns nie ausgetauscht. Das war ein tolles Gefühl, zu spüren, wir mögen uns und können uns blind vertrauen.
Leider ging der Nachmittag viel zu schnell vorbei. Wir wollten noch über unsere Empfindungen und Gefühle weiter reden. Wir haben gelernt, dass man seinen Gefühlen den nötigen Raum, die Ruhe und Zeit geben muss. Gefühle müssen gelebt werden. Glück, das nicht gelebt wird, macht einsam. Angst, die nie ausgesprochen wird, macht traurig. Wut, die nie gezeigt wird, macht aggressiv.
Ich persönlich bin für diesen Nachmittag sehr dankbar. Bei allen war der einstimmige Tenor: ungewohnt, aber sehr gut und hilfreich. Wir alle haben den Workshop mit einem guten Gefühl abgeschlossen.
Ich möchte hiermit alle Mitglieder ermutigen, die angebotenen Workshops anzunehmen und sehr zahlreich daran teilzunehmen. Ich bin mir sicher, hätten wir gewusst, dass es um Gefühle geht und dass wir diese auch noch malen sollten; es wäre keiner gekommen.
Ganz herzlich danke ich Frau Link für ihre Idee, das gewagte Thema in der Gruppe umzusetzen. Ich danke allen Teilnehmern für das entgegengebrachte Vertrauen und die Wertschätzung. Ich danke der BKK für diese sinnvolle Projektförderung nach §20c SGB V.
Katharina Stang